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EuGH: Öffentliches Interesse als Ausnahme vom Verschlechterungsverbot zulässig

Der EuGH hat eine Klage der Europäischen Kommission gegen Österreich im Streit um den Kraftwerksbau an der Schwarzen Sulm in der Steiermark abgewiesen, obwohl das Vorhaben eine Verschlechterung der Wasserqualität zur Folge haben kann. Nach Ansicht des EuGH überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber der Verschlechterung des Gewässerzustandes von "sehr gut" nach "gut". Im vorliegenden Vertragsverletzungsverfahren hatte die Europäische Kommission Österreich im Wesentlichen vorgeworfen, im Jahr 2007 den Bau eines Wasserkraftwerks an der Schwarzen Sulm bewilligt zu haben, obwohl er laut dem Bewilligungsbescheid selbst - entgegen dem in der Wasser-Rahmenrichtlinie 2000/60 aufgestellten Verschlechterungsverbot (Art. 4 Abs. 1) - zu einer Verschlechterung des Zustandes des Oberflächenwasserkörpers der Schwarzen Sulm von "sehr gut" nach "gut" führen werde und nicht unter eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot (Art. 4 Abs. 7 Buchst. c) fallen könne. Der EuGH hat die Klage der Kommission Anfang Mai abgewiesen (Aktenzeichen C-346/14) Nach Auffassung des EuGH ist für die Zwecke der vorliegenden Klage nur die Einstufung des Zustandes des Oberflächenwasserkörpers der Schwarzen Sulm, wie sie im Bewilligungsbescheid des Landeshauptmanns der Steiermark von 2007 vorgenommen wurde, zu berücksichtigen. Der bestätigende Bescheid des Landeshauptmanns von 2013, in dem dieser den Zustand von "sehr gut" auf "gut" zurückgestuft habe (womit das Vorhaben nach diesem Bescheid nicht mehr zu einer Verschlechterung des Gewässerzustandes von "sehr gut" nach "gut" führen würde), sei außer Acht zu lassen, so der EuGH. Das Vorhaben könne eine Verschlechterung des Zustandes des Oberflächenwasserkörpers der Schwarzen Sulm, wie er durch den Bescheid von 2007 bewertet worden sei, zur Folge haben. Der Landeshauptmann der Steiermark hat jedoch laut den EU-Richtern zu Recht annehmen können, dass sämtliche Bedingungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot (nach Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie) erfüllt seien. Der Landeshauptmann habe - entgegen den Ausführungen der Kommission - das streitige Vorhaben insgesamt, nämlich einschließlich seiner unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Ziele der Richtlinie, geprüft und seine Vorteile und negative Auswirkungen auf den Zustand des Oberflächenwasserkörpers der Schwarzen Sulm gegeneinander abgewogen. Insbesondere habe er im Rahmen dieser Prüfung berücksichtigt, dass dieser Fluss von sehr hoher ökologischer Qualität sei, aber angenommen, dass angesichts der verschiedenen von dem Vorhaben zu erwartenden Vorteile die damit verbundenen öffentlichen Interessen eindeutig die Auswirkungen für das von dieser Richtlinie verfolgte Ziel der Vermeidung einer Verschlechterung überstiegen. Er habe sich daher nicht bloß in abstrakter Weise auf das übergeordnete allgemeine Interesse gestützt, das die Erzeugung erneuerbarer Energien darstelle, sondern seiner Schlussfolgerung, dass die Bedingungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot erfüllt seien, eine detaillierte und spezifische wissenschaftliche Prüfung dieses Vorhabens zugrunde gelegt.

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20160510_002