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Trinkwasserqualität in Talsperren leidet unter Klimawandel

Verschwinden die Wälder, hat dies Folgen für die Wasserqualität in Talsperren. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) konnte in einer Modellstudie an der Rappbodetalsperre im Harz zeigen, wie sich der klimabedingte Waldverlust etwa durch Waldbrände im Einzugsgebiet der größten Trinkwassertalsperre Deutschlands auf die Wasserqualität auswirken kann. Ein eindrückliches Beispiel ist die Landschaft des Einzugsgebiets der Rappbodetalsperre im Ostharz. Sie ist die größte Trinkwassertalsperre in Deutschland und versorgt rund eine Million Menschen mit Trinkwasser. Durch lange Dürreperioden in den Jahren 2015 bis 2020 wurden die Baumbestände im Harz so stark geschwächt, dass sich Schädlinge wie der Borkenkäfer ausbreiten konnten. Das verstärkte den Effekt nochmals: Die Bäume nahmen weiter Schaden, starben binnen kürzester Zeit ab. Das von Nadelwald - vorwiegend Fichte - geprägte Einzugsgebiet der Rappbode hat in den vergangenen vier Jahren über 50 Prozent seines Waldes verloren- Wälder spielen im Wasserkreislauf aber eine wichtige Rolle: Sie filtern das Wasser, binden Nährstoffe und sind deshalb notwendig für eine gute Wasserqualität. Für die Trinkwasseraufbereitung ist es umso besser, je weniger Nährstoffe - also Stickstoff- oder Phosphorverbindungen - das Wasser einer Talsperre enthält. Das UFZ-Team hat in einer Modellstudie untersucht, welche Auswirkungen klimabedingte Entwaldungsprozesse auf die Wasserqualität von Talsperren haben. Dafür legte es Daten aus dem Umweltbeobachtungsnetzwerk TERENO (Terrestrial Environmental Observatories) zugrunde, an dem das UFZ mit dem Observatorium im Harz/Mitteldeutschen Tiefland beteiligt ist. Um die zukünftigen Klimaveränderungen zu prognostizieren, nutzte das Team Daten aus dem internationalen Projekt ISIMIP (Inter-sectoral Impact Model Intercomparison Project). Die daraus generierten Daten durchliefen anschließend ein Talsperren-Ökosystem-Modell, mit dem die Auswirkungen unterschiedlicher Entwaldungsszenarien auf die voraussichtliche Wasserqualität im Jahr 2035 ermitteln werden konnten. Die Prognosen sind dramatisch. Bei einem zu erwartenden Waldverlust von bis zu 80 Prozent in der Rappbode-Vorsperre werden die gelösten Phosphorkonzentrationen um 85 Prozent und die Stickstoffkonzentrationen um mehr als 120 Prozent innerhalb von nur 15 Jahren steigen. Die Rappbode-Vorsperre erreicht damit einen nahezu ebenso hohen Nährstoffzustand wie die Hassel-Vorsperre. Dies führt in der Rappbode-Vorsperre zu einem Anstieg beispielsweise bei Kieselalgen um mehr als 80 Prozent und bei Grünalgen sogar um mehr als 200 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen, dass im Bereich des Trinkwassermanagements Anpassungen auf verschiedensten Ebenen notwendig sein werden. In Einzugsgebieten von Talsperren sollten Nährstoffeinträge noch stärker als bisher heruntergefahren werden, bereits begonnene Wiederaufforstungsprojekte mit trockenresistenten Baumarten weiter vorangetrieben und Wasserwerke mit selektiven Wasserentnahmestrategien an die anstehenden Entwicklungen angepasst werden. Die Ergebnisse für die Rappbodetalsperre lassen sich auch auf andere Einzugsgebiete von Talsperren in vergleichbaren Regionen übertragen. Der Waldverlust als indirekte Folge des Klimawandels hat auf die Wasserqualität von Talsperren einen stärkeren Effekt als direkte Auswirkungen des Klimawandels wie etwa die Erhöhung der Wassertemperatur.

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