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Ökologischer Zustand der europäischen Gewässer verschlechtert sich

Auch nach mehr als 20 Jahren europäischer Wasserrahmenrichtlinie: Viele Oberflächengewässer in Europa werden nach wie vor regelmäßig durch organische Schadstoffe wie Pflanzenschutzmittel oder Industriechemikalien in Konzentrationen belastet, die für die Ökosysteme in Flüssen, Bächen und Seen schädlich sind. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Umweltwissenschaften iES der Universität Koblenz-Landau. Zum ersten Mal wurde nun dieser umfangreiche, zentral von der europäischen Umweltbehörde (EEA) verwaltete Datensatz mit mehr als acht Millionen Messungen zu 352 organischen Schadstoffen in 31 Ländern für die vergangenen 15 Jahre umfassend ausgewertet und analysiert. Das Ergebnis der umfassenden Analyse: Viele Typen von organischen Schadstoffen, beispielsweise Industriechemikalien wie Löse- oder Reinigungsmittel, Pestizide und Pharmazeutika, werden vermehrt in den Oberflächengewässern gefunden. In lediglich einem Drittel der Gewässer konnten keine Schadstoffe pro Jahr gefunden werden. Weitere Analysen zeigten, dass in diesen Fällen die Qualität der Probennahme signifikant schlechter war. Dies kann dazu führen, dass Belastungen nicht gefunden werden, daher wurde auch die Qualität der Probennahme umfassend beurteilt. Dabei haben die Forscher einen klaren Zusammenhang zwischen der Qualität der Probennahme und dem Auffinden von Schadstoffen herausgestellt. In vielen Ländern Europas wird das wahre Risiko in Oberflächengewässer weiterhin unterschätzt. Hauptursächlich für die Beeinträchtigung der europäischen Gewässer sind laut den Forschenden Pestizide. Sie waren für rund 85 Prozent der Grenzwertüberschreitungen verantwortlich. Gewässer in landwirtschaftlich geprägten Gebieten sind daher dem höchsten Risiko ausgesetzt. Die Funktionalität und Zusammensetzung ihrer Ökosysteme sind in besonderem Maße gefährdet. An 35 Prozent der Probestellen wurde ein ökologischer Grenzwert überschritten, rund 38 Prozent der Gewässer in Europa sind beeinträchtigt. Auch Pharmazeutika treten häufig in Oberflächengewässern auf. Für diese Substanzen haben die Forscher kein akutes Risiko festgestellt, allerdings sind durch sie ausgelöste Langzeiteffekte auf aquatische Ökosysteme noch unbekannt. Der Grund: Toxizitätsdaten zu Langzeitauswirkungen von Pharmazeutika existieren nur selten. Pharmazeutika durchlaufen einen Zulassungsprozess mit geringeren Anforderungen an die Umweltrisikobewertung als Pestizide oder Industriechemikalien. Die Ungewissheit, wie diese Substanzen auf die Umwelt oder Organismen wirken könnten, ist daher insbesondere bei den Langzeiteffekten größer als beispielsweise bei Pflanzenschutzmitteln. Die Autorinnen und Autoren der Studie sehen Süßwasserökosysteme in Europa weiterhin einem ernsthaften Risiko ausgesetzt, welches sich besonders für Fische, aquatische Insekten und Krebstiere zeigt. Die Ergebnisse zeigen, dass über die Wasserrahmenrichtlinie hinaus europaweit verstärkt Bemühungen notwendig sind, um die Belastung von Gewässern durch organische Schadstoffe weiter zu reduzieren. Originalpublikation: ”Water Quality and Ecological Risks in European Surface Waters - Monitoring Improves While Water Quality Decreases”, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Environment International.

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