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Kleine Bäche in Deutschland sind in einem schlechten ökologischen Zustand

Pflanzenschutzmittel sichern Erträge in der Landwirtschaft, indem sie schädliche Insekten, Pilze und Unkräuter bekämpfen. Sie gelangen aber auch in benachbarte Bäche und schädigen dort Lebensgemeinschaften, die für den Erhalt der Artenvielfalt entscheidend sind, Teil des Nahrungsnetzes sind und die Selbstreinigung des Wassers unterstützen. Vor allem für kleine Fließgewässer fehlen jedoch bislang belastbare Daten, die Auskunft darüber geben, wie es um sie wirklich bestellt ist. Im Citizen Science-Projekt FLOW haben 900 Bürgerforschende über drei Jahre lang in ganz Deutschland kleine Fließgewässer auf ihren ökologischen Zustand untersucht. Das Projekt wurde vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig durchgeführt. Die Daten zeigen: In der Mehrheit der untersuchten Bäche, die durch eine landwirtschaftlich geprägte Landschaft fließen, ist die Wirbellosenfauna durch Pflanzenschutzmittel gestört, zudem weisen die Fließgewässer eine stark veränderte morphologische Struktur auf.

Trotz zahlreicher Maßnahmen, die seit dem Jahr 2000 ergriffen wurden, um die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen, sind laut Umweltbundesamt nach wie vor etwa 90 Prozent der amtlich untersuchten deutschen Fließgewässer in keinem "guten ökologischen Zustand". Dabei finden die vielen kleinen Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet von unter zehn Quadratkilometern bei der systematischen Überwachung der Behörden bislang kaum Beachtung. Und das, obwohl sie etwa 70 Prozent des deutschen Gewässernetzes ausmachen und somit für den Erhalt der biologischen Vielfalt von großer Bedeutung sind.

Um einen Überblick über die Belastung von Kleinfließgewässern mit Pflanzenschutzmitteln zu bekommen, hatten Forschende des UFZ im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) im Pilotprojekt "Kleingewässermonitoring" zwischen 2019 und 2022 über 100 kleine Bäche in landwirtschaftlichen Gebieten untersucht. Dabei wurde deutlich, dass in 80 Prozent dieser Bäche die staatlichen Pestizid-Grenzwerte, die nach Einschätzung von Forschenden noch viel zu hoch angesetzt sind, überschritten werden.

Um die Datenlage weiter zu verbessern, startete im Jahr 2021 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt FLOW - ein Citizen Science-Projekt, in dem Bürgerforschende Daten für die Wissenschaft sammeln. Seit drei Jahren in Folge sind geschulte Freiwilligengruppen unterwegs, um die Bäche in ihrer Region zu erforschen. Die Freiwilligen bewerteten die Gewässerstruktur, maßen die chemische Wasserqualität und untersuchten die wirbellosen Tiere des Gewässergrunds, das sogenannte Makrozoobenthos. Durch die Bestimmung der Makrozoobenthos-Gemeinschaft zogen sie mithilfe des am UFZ entwickelten Bioindikators "SPEARpesticides" Rückschlüsse auf die Pestizidbelastung des Gewässers. Die Ergebnisse dieser drei Monitoringjahre haben die Forschenden von UFZ und iDiv nun gemeinsam mit dem BUND im Fachjournal Science of the Total Environment veröffentlicht.

Originalpublikation: “Citizen science shows that small agricultural streams in Germany are in a poor ecological status”, in Science of The Total Environment, www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969724013226

Webcode

20240314_001

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