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Naturnahe Flüsse – weltweit eine Ausnahme

Flüsse im Ursprungszustand, die durch menschliche Eingriffe noch nicht in ihrem Lauf beeinträchtigt sind, stellen die Ausnahme dar. Dies gilt nicht nur für das dicht besiedelte Industrieland Deutschland, sondern auch global. Bei drei von vier Flüssen weltweit hat der Mensch den Lauf geändert. Dies zeigt eine aktuelle Studie unter Beteiligung der Universität Tübingen über den Zustand von Flussökosystemen. Weniger als ein Viertel aller Flüsse weltweit fließt danach auf der gesamten Länge ungehindert durch Staudämme oder menschengemachte Regulierungen ins Meer. Unter den mehr als tausend Kilometer langen Flüssen kann nur rund ein Drittel dem von der Natur vorgegebenen Lauf folgen. Die Wissenschaftler haben für die Studie rund zwölf Millionen Flusskilometer analysiert. Untersucht wurde vor allem jeweils die Vernetzung des Flusses mit seinem Überschwemmungsgebiet und dem Grundwasser sowie der Stoffaustausch mit den verbundenen Biotopen - die Forscher fassen diese Eigenschaften als Konnektivität des Flusses zusammen. Diese kann als Maß gelten für den Zustand eines Flusses, der mit ihm verbundenen Ökosysteme und deren Artenvielfalt. Die Quantifizierung und Kartierung sollen außerdem als Grundlage für den Erhalt der letzten naturbelassenen Flüsse dienen und eine Priorisierung von Renaturierungsmaßnahmen unterstützen. Einen der schwersten und häufigsten Eingriffe in den natürlichen Flusslauf stellen nach wie vor Dämme dar. Das Wissenschaftlerteam zählte rund 2,8 Millionen Dämme, hinter denen Reservoire von mindestens tausend Quadratmetern Wasserfläche entstanden sind. Um den Zustand eines Flusses zu beurteilen, entwickelten die Wissenschaftler eine neue Methode. Zentrales Maß ist dabei die Konnektivität eines Flusses mit Bewertungen zum freien Wasserfluss, zu den Bewegungsmöglichkeiten von Organismen sowie zum Transport von Sedimenten, organischen Stoffen, Nährstoffen und Energie. In die umfassende Untersuchung gingen vier Dimensionen ein: in Fließrichtung, flussauf- und abwärts im Flussbett; über die Flussufer hinaus, zwischen dem Hauptbett des Flusses und der Aue; in vertikaler Richtung zwischen dem Grundwasser, dem Fluss und der Atmosphäre sowie in zeitlicher Abhängigkeit bedingt durch die Jahreszeiten. Darüber beurteilte das Wissenschaftlerteam, welche Flüsse noch als frei fließend betrachtet werden können. Die detaillierten Ergebnisse haben die Forscher im Aufsatz „Mapping the world’s free-flowing rivers” in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

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20190510_001

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