Anzeige

Merkblatt DWA-M 624 "Gewässerhygienische Bewertung von Badestellen und Freizeitgewässern" liegt vor

Die DWA hat das Merkblatt DWA-M 624 „Gewässerhygienische Bewertung von Badestellen und Freizeitgewässern” veröffentlicht. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2006/7/EG über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung wurden 2006 die Aufgaben zur Überwachung der Badegewässer wesentlich erweitert. Neben den obligatorischen mikrobiologischen Anforderungen wurden Kriterien zur Beurteilung eines Gewässers bis hin zur Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen festgelegt. Darüber hinaus wurden Maßnahmenkataloge zur Gefahrenabwehr, zum Beispiel bei Cyanobakterienblüten oder kurzzeitigen Beeinträchtigungen, gefordert und eine Verpflichtung zur öffentlichkeitswirksamen Berichterstattung eingeführt. Diese neuen Überwachungsschwerpunkte waren der Anlass zur Herausgabe des Merkblatts DWA-M 624 „Gewässerhygienische Bewertung von Badestellen und Freizeitgewässern”. Es werden gewässerökologische Grundlagen zur hygienischen Beurteilung von Badegewässern dargestellt und Handlungshilfen aufgezeigt. Baden und Sporttreiben am und im Wasser sind allerorten beliebt und tragen zum allgemeinen Wohlbefinden des Menschen bei. Oberflächengewässer können jedoch mit natürlich vorkommenden oder fäkalbürtigen Krankheitserregern sowie durch massenhaftes Auftreten von Cyanobakterien (Blaualgen) belastet sein, sodass der Kontakt mit Wasser Gesundheitsrisiken bergen kann. Gerade in mäßig belasteten Gewässern können mikrobielle Risiken jedoch nicht unbedingt als solche erkannt werden. Während offizielle EU-Badestellen regelmäßig von der Gesundheitsverwaltung überwacht werden, gibt es sowohl an Seen als auch an Fließgewässern zahlreiche inoffizielle Badeplätze, die von der Bevölkerung für Freizeitzwecke genutzt werden, jedoch nicht in das Überwachungsprogramm einbezogen sind. Generell werden im Merkblatt alle Formen von Freizeitgewässern betrachtet. Neben den ausgewiesenen Badestellen existieren sowohl an vielen Seen als auch an Fließgewässern (zum Beispiel Isar, Rhein, Ruhr oder Sieg) eine ganze Reihe „inoffizieller” Badestellen, die traditionell von der Bevölkerung zum Baden genutzt werden. Obwohl das Baden an diesen Stellen oftmals nicht direkt verboten ist, sind sie nicht Teil des EU-Überwachungsprogramms, das heißt, sie werden nicht behördlich auf hygienisch relevante Verschmutzungen untersucht, und es werden in der Regel keine aktiven Maßnahmen getroffen, um an diesen Stellen eine gute Wasserqualität zu gewährleisten und die Bevölkerung vor möglichen Gefährdungen zu schützen. Im Rahmen der gesetzlichen Badegewässerüberwachung dienen mikrobiologisch-hygienische Untersuchungen als Instrument, um zeitweise oder langfristig auftretende Belastungssituationen zu erfassen und bilden die Grundlage, um regulatorische Maßnahmen zum Schutz der Badenden oder Sporttreibenden vor Infektionen zu ergreifen. Während das Vorkommen von natürlich im Gewässer lebenden Krankheitserregern nicht oder nur indirekt (zum Beispiel durch Reduzierung von Nährstoffeinträgen, Verringerung der Wassertemperatur) beeinflusst werden kann, sind das Auftreten und die Konzentration fäkalbürtiger Krankheitserreger in hohem Maße anthropogen bedingt und können prinzipiell durch die Regulation von Abwassereinleitungen (Punktquellen) oder von Fäkaleinträgen aus der Landwirtschaft (diffuse Quellen) gesteuert werden. Entgegen der allgemeinen Annahme existieren jedoch mit wenigen Ausnahmen (zum Beispiel Krankenhausabwässer) keine gesetzlichen Grenzwerte hinsichtlich der Einleitung von Fäkalbakterien, Viren oder Parasiten in die Oberflächengewässer. Obwohl die seit den 1970er-Jahren verstärkten Abwasserreinigungsmaßnahmen und die damit verbundene Reduzierung der Gewässerdüngung ihren Niederschlag in einer deutlichen Verbesserung der ökologischen Gewässergüte insbesondere von Fließgewässern gefunden haben, gingen diese Änderungen nicht zwangsläufig mit einer Verbesserung der mikrobiologisch-hygienischen Gewässergüte einher. Obgleich im Volksmund oftmals die im Vergleich zur Mitte des 20. Jahrhunderts „gute Wasserqualität” vieler Oberflächengewässer beschworen wird, ist der Öffentlichkeit vielfach nicht bewusst, dass die gängige ökologische Gewässerklassifizierung keine Rückschlüsse auf die mikrobiologisch-hygienische Unbedenklichkeit eines Gewässers erlaubt und so keine Aussagen zur möglichen Nutzbarkeit eines Gewässers für Bade- und Freizeitzwecke zulässt. Dies liegt daran, dass zur Erfassung der ökologischen Gewässergüte keine mikrobiologisch-hygienischen Parameter berücksichtigt werden. Zwar wurde in der Vergangenheit versucht, die mikrobiologisch-hygienische Gewässerbewertung der ökologischen Klassifizierung anzupassen, doch haben sich entsprechende Konzepte als nicht praktikabel erwiesen. Das vorliegende Merkblatt liefert Grundlagen für die Einschätzung der Risiken an Badestellen aus gewässerhygienischer Sicht. Neben einer ausführlichen Darstellung möglicher Gesundheitsgefährdungen und den Eintragspfaden von Gewässerbelastungen werden Möglichkeiten der Überwachung sowie Handlungsempfehlungen und Maßnahmen zur Reduktion gesundheitlicher Risiken aufgeführt. Das Merkblatt wurde von der DWA-Arbeitsgruppe GB-5.8 „Hygiene” (Sprecher: Dr. Dipl.-Biol. Heinrich Keusen) im DWA-Fachausschuss GB-5 „Stoffeinträge und Wirkungen auf Fließgewässer” erstellt und richtet sich vor allem an Fachleute der Gesundheitsverwaltung und der Wasserwirtschaft, aber auch an Vertreter der Kommunen, von Wassersportorganisationen und Freizeitverbänden. Letztendlich soll das Merkblatt auch die Bevölkerung bzw. den Badegast für vorhandene Risiken sensibilisieren und an eigenverantwortliches Handeln appellieren.

Webcode

20160606_009

Zurück